Wenn die Funktion zum Hack wird

Seit Samstag, den 23.01.2016, steht der Online-Antrag für die Briefwahlunterlagen zur Kommunalwahl 2016 in Wiesbaden zur Verfügung. Soweit, so gut.

Der CCC Mainz isBSP_Logo_mit_lgt darauf aufmerksam gemacht worden, dass man über das Online-Antrags-Verfahren Adressdaten der Wahlberechtigen finden kann.

Für die Registrierung waren Name und Geburtsdatum nötig. Als Bestätigung des Antrages erhielt man einen Link zu einer PDF-Datei, in der sich Daten aus dem Wählerverzeichnis fanden, die vorher nicht eingegeben werden mussten: Die Adresse (und zusätzliche Vornamen, derer der Wiesbadener Oberbürgermeister zwei hat, die auf Wikipedia nicht vorkommen).

Nach kurzem Gegentest bei anderen Mitgliedern war klar, dass es sich hier um einen fahrlässigen Fehler handelt. Ebenso war es möglich, mehrere Anfragen von der gleichen IP-Adresse kurz hintereinander zu schicken, ohne auf CAPTCHAs oder ähnliches zu stoßen – sodass einer automatisierten Abfrage der Adressdaten aus dem Wählerverzeichnis nichts im Wege gestanden hätte. Ergebnis wäre eine Liste mit Namen, Geburtsdatum und Adresse von allen Wiesbadener Wahlberechtigten.

Für einen Proof of Concept wurde dann für den amtierenden Oberbürgermeister Sven Alfred Horst Gerich eine Briefwahl beantragt. Auch dies funktionierte ohne Hindernisse. OBDer Landesbetrieb AKDB, der das Bürgerservice-Portal betreibt, ist vom TüV-Süd und vom BSI in Hinblick auf Datensicherheit zertifiziert worden.

 

Wir sehen es kritisch, dass die Webseite offenbar direkten Zugriff auf das Wählerverzeichnis hat und zudem ohne eine ausreichende Authentifizierung die Abfrage fremder Datensätze erlaubt. Dies ist mehr als nur ein “ärgerlicher Fehler”, wie es der stellvertretende Gemeindewahlleiter Rüdiger Wolf gegenüber dem ZDF formulierte. Wir kritisieren den leichtsinnigen Umgang mit den persönlichen Daten der Bürger und weisen darauf hin, dass auch andere Funktionen des Portals nur eine schwache Authentifizierung verlangen.

Adressdaten mögen auf den ersten Blick nicht besonders problematisch klingen. Aber eine Liste mit Namen, Anschrift und Geburtsdatum sämtlicher Wiesbadener Wahlberechtiger birgt großes Potenzial für Missbrauch.

Desweiteren möchten wir darauf hinweisen, dass zur Zeit noch viel heiklere Daten über die Bürger erfasst werden. Auch wenn sie wahrscheinlich bei kompetenteren Diensten gespeichert werden, als die Wählerverzeichnisse, ist das Missbrauchspotenzial dieses “Datenreichtums” und damit das Interesse daran ungleich höher.

Hier kann man die aktuell laufende Kampagne “Vorratsdatenspeicherung? Nicht schon wieder!” unterstützen.

Wenn Sie kein Problem damit haben, dass jeder Ihren Namen, Adresse und Geburtsdatum hat, dann schicken Sie uns die, wir stellen sie online.

 

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